Metallographie

Der ideale Kristall

Mit Hilfe der Metallographie wird das Gefüge metallischer Werkstoffe sichtbar gemacht, um es beurteilen zu können. Grundsätzlich unterscheidet man makroskopische, lichtmikroskopische und elektronenmikroskopische Verfahren, die nach entsprechender Probenpräparation (Schleifen, Reinigen, Ätzen, ggf. Einbetten und Polieren) zum Einsatz kommen.

Rasterelektronenmikroskop zeigt Sphärolithen im duktilen Eisenguss für Maschinenbau-Komponenten aus EN-GJS.

Drei Verfahren, um das Gefüge metallischer Werkstoffe sichtbar zu machen

Das Mikroskop zeigt Sphärolithen im Gusseisen mit Kugelgraphit für Bauteile für den Maschinenbau aus EN-GJS und ADI / ausferritisches Gusseisen, zwischenstufenvergütet.

Makroskopisch

Bei makroskopischer Betrachtung mit Vergrößerungen von 1:10 bis 1:60 lassen sich größere Störungen wie Lunker, Risse, Seigerungen und Poren erkennen. Für uns als Eisengießer sind solche Störungen aber bereits bei der reinen Sichtkontrolle sowohl der Oberfläche als auch eines entsprechenden Schnittes zu erkennen, bzw. fallen auch im Rahmen der zerstörungsfreien Werkstoffprüfungen auf.

Lichtmikroskopisch

Die Metallographie nutzt mikroskopische Untersuchungen (Vergrößerungsmaßstab max. 1:1000), um Aussagen über den Gefügeaufbau (Anordnung der Kristalle zueinander), ihre Ausdehnung und Verteilung, sowie Orientierung und Struktur zu gewinnen. Bei Brechmann-Guss wird insbesondere – neben einer allgemeinen Beurteilung über Vergleichsbilder – die Art der Graphitausbildung (lamellar oder kugelig) als Kennzeichen für Gusseisen mit Lamellengraphit (Grauguss) bzw. Kugelgraphit (Sphäroguss) sowie bei Sphäroguss die gleichmäßige Verteilung der Sphärolithen, ihre Größe und ggf. Art und Form bestimmter Ausscheidungen bewertet, um entweder das untersuchte Fertigungslos freizugeben oder – weniger gern gesehen – alle Teile einer Charge zu sperren und evtl. eine Einzelprüfung der Bauteile vorzunehmen. Wichtig dabei ist – neben einer fehlerfreien Metallographie – insbesondere die vorherige Probennahme an der Gießstrecke. Die zur Untersuchung vorgesehene Probe sollte immer vom letzten Kasten eines Gießloses genommen werden. Durch den „Badewanneneffekt“ der Sphärolithenausbildung hat dieser letzte Kasten das „schlechteste Eisen“ – alle vorher gegossenen Teile zeigen bessere Materialwerte / Gefüge. Ist also der letzte Kasten i.O., sind alle davor gegossenen Bauteile höchstwahrscheinlich metallurgisch auch i.O..

Das Mikroskop zeigt die Nodularität im Gusseisen mit Kugelgraphit für Bauteile für den Maschinenbau aus EN-GJS / Sphäroguss und ADI / ausferritisches Gusseisen, zwischenstufenvergütet.
Das Mikroskop zeigt die Nodularität im Gusseisen mit Kugelgraphit / GGG für hochbelastete Bauteile für den Fahrzeugbau aus EN-GJS / Sphäroguss und ADI / ausferritisches Gusseisen, zwischenstufenvergütet.

Elektronenmikroskopisch

Mit Hilfe der Elektronenmikroskopie (Maßstab 1:100.000) lassen sich feinere Details eines Gefüges, wie bspw. Ausscheidungen, Versetzungen und Stapelfehler sichtbar machen. Die bis dato feinsten Bilder liefert die Transmissionselektronenmikroskopie bei Probendicken von 10 bis 100 Nanometern, die im Maßstab 1:100.000 jede Abweichung vom idealen Einkristall dokumentiert. Im Umkehrschluss bedeutet diese Rangkette der Genauigkeit aber auch, dass sich bei industriell erzeugtem Gusseisen immer Gitterstörungen o.ä. nachweisen lassen – mithin Fehler. Wer also eine technische Zeichnung mit dem Vermerk „Rohguss fehlerfrei“ oder auch mit „Gussteil lunkerfrei“ verziert, ohne Angaben über Prüfmethode und die max. Größe zulässiger Abweichungen vom Idealzustand zu definieren (was leider bei Berufsanfängern immer wieder zu beobachten ist), offenbart gewisse fachliche Defizite. Man muss nur genau genug suchen, dann findet man immer etwas…. Gerade skandinavische Automobilhersteller haben für diese Zusammenhänge lobenswerterweise sehr detaillierte Werksnormen erstellt, die lastfallangepasst die Möglichkeit eröffnen, partiell Bauteilbereiche mit bestimmten Kriterien zu belegen und sogar zulässige Randschichtentartungen in unterschiedlicher Dicke in Abhängigkeit der Giesslage des Bauteils definieren.

Doch gleichgültig ob Grau– oder Sphäroguss, SiMo, ADI oder Ni-Resist – auch die Metallographie ist nur ein Baustein, um die Qualität der Gussteile abzusichern, denn Ziel ist es nicht, die Qualität bereits produzierter Gussteile im Nachhinein „zu erprüfen“, sondern über einen Kanon von Maßnahmen von der Prüfung der Vorprodukte über die serienbegleitende Prozeßüberwachung mit Spektralanalyse, kontinuierlicher Ermittlung der mechanischen Kennwerte bis zu den Verfahren der Zerstörungsfreien Bauteilprüfung (ZFP) mit sicherer und zuverlässiger Prozeßführung einsatzfähige, den Anforderungen entsprechende Gusseisenbauteile zu produzieren.